Ist der Wasser“verbrauch“ tierischer Lebensmittel ein gutes Argument für den Veganismus?
(Anmerkung: Der Folgende Artikel ist eine fast änderungsfreie Kopie (m)einer Instagram-Story, die hier somit auch ohne stilistische Anpassungen erscheint. GROSSSCHREIBUNG ersetzt daher die schönere Kursivschreibung.)
Ich wollte es heute eigentlich allgemein halten, aber die Vorlage, die gerade reinflatterte, ist einfach zu gut, um sie zu ignorieren:
Allein der Kommentar dazu verrät, warum diese Zahlen immer wieder unkritisch verbreitet werden: Sie klingen schockierend.
„Sind diese Zahlen nicht erschreckend? Wenn wir davon ausgehen, dass jeder einmal pro Tag duscht, dann könnte man diese über ein Drittel des Jahres verteilen. Genau so viele Ressourcen verbraucht die Fleischproduktion für nur 1 kg Rindfleisch.“
Dieser Unfug ist erst 45 Minuten online und hat schon fast 2000 Likes. Das fasst das Ausmaß des Problems eigentlich gut zusammen. Und schuldig sind fast alle. ProVeg, Veganuary, PETA, Social-Media-Influencer(innen) – es gibt kaum Ausnahmen.
Stellt euch bitte ein olympisches Schwimmbecken vor. Das fasst 2,5 Mio. Liter Wasser.
Und jetzt stellt euch bitte noch ein halbes Becken mehr vor.
Okay. Was soll das nun? Veganer behaupten ständig, dass man für ein kg Rindfleisch ca. 15.000 Liter Wasser „verbrauchen“ würde. Nehmen wir an, dass ein Rind 500kg „Schlachtgewicht“ hat. Nehmen wir nun weiter an, dass die ‚Ausbeute‘ 250kg Fleisch beträgt. 15.000 x 250 = 3,75 Mio. Liter Wasser
Ein Rind soll 3,75 Mio. Liter Wasser „verbrauchen“. Diese Wassermenge entspricht exakt der Menge Wasser, die in 1,5 olympischen Schwimmbecken ist. Kommt euch absurd vor? Ein einzelnes Rind soll so viel Wasser benötigen? Wie soll das bitte möglich sein? Irgendetwas stimmt hier also offenkundig nicht.
Die Quelle dieser Behauptung ist in der Regel diese Veröffentlichung:
Dort findet man nun folgende Tabelle:
Da haben wir also unsere 15XXX Liter je kg. Aber an der Tabelle ist etwas komisch. Das Wasser wird dort in 3 Kategorien eingeteilt: grün, blau und grau. Das grüne Wasser hat mit Abstand den größten Anteil. 14414 Liter seien „grünes Wasser“. Wenn man nun schaut, was das alles bedeuten soll, stößt man auf einen Begriff: Virtuelles Wasser.
Wenn wir uns der Beantwortung der Frage annähern wollen, was es nun mit den 1,5 Schwimmbecken Wasser auf sich hat, müssen wir also verstehen, was virtuelles Wasser sein soll. Als virtuelles Wasser bezeichnet man in diesem Kontext das Wasser, das während der gesamten Produktion eines Lebensmittels eine Rolle spielte. Und damit sind wir nun bei diesen merkwürdigen 3 Kategorien angelangt.
Leider werden für grünes, blaues und graues Wasser in der Fachliteratur keine einheitlichen Definitionen verwendet, sodass sich immer wieder Abweichungen ergeben. Damit es nicht zu kompliziert wird, nehme ich einfach die Definitionen des Umweltbundesamts.
„Grünes Wasser“ ist das natürlich vorkommende Boden- und Regenwasser, welches von Pflanzen aufgenommen und verdunstet wird. Es ist relevant für landwirtschaftliche Produkte. „Blaues Wasser“ ist Grund- oder Oberflächenwasser, das zur Herstellung eines Produktes genutzt wird und nicht mehr in ein Gewässer zurückgeführt wird. In der Landwirtschaft wird es verwendet, wenn Felder künstlich bewässert werden müssen. „Graues Wasser“ beschreibt die Wassermenge, die nötig wäre, um Gewässerverunreinigungen so weit zu verdünnen, dass die Wasserqualität den gesetzlichen oder vereinbarten Anforderungen entspricht.
Wir erinnern uns: Grünes Wasser machte beim Rindfleisch 93,5% des Wassers aus. Das heißt: 93,5% des Wertes, mit dem Veganer ständig schocken wollen, sind auf REGENWASSER zurückzuführen, das einfach auf die Weiden und Futtermittelflächen fällt! Dieses Wasser würde SO ODER SO vorhanden sein – egal, was man auf dieser Fläche tut!
Stellt euch folgende Situation vor: Ihr begutachtet gerade in eurem Garten eure kleine Anbaufläche, auf der ihr Möhren, Kürbis und ein paar Kräuter angepflanzt habt. Ihr freut euch darüber, wie gut alles wächst. Es sieht nach einer anständigen Ausbeute aus. Plötzlich fragt euch jemand, außen am Grundstückszaun stehend, wütend, ob ihr euch denn nicht schämt, dass ihr über 200 Liter Wasser verbraucht hättet, weil in etwa so viel Regen auf die Fläche gefallen ist.
Ihr wüsstet sofort, wie albern dieser Vorwurf ist, weil ihr wisst, dass das Regenwasser wieder verdampft, dass das Wasser dann irgendwann wieder abregnet usw. Es ist ein Kreislauf. Der Vorwurf, dass ihr über 200 Liter Wasser „verbraucht“ hättet, wäre schlicht absurd. Aber GENAU DAS tut die vegane Szene STÄNDIG, wenn sie behauptet, dass für ein kg Rindfleisch 15400 Liter Wasser „verbraucht“ werden! DORT fällt uns das nicht auf!
Wasser wird NICHT „verbraucht“, weil es sich nicht einfach in Luft auflöst. Es verschwindet nicht einfach! Man kann Wasserquellen erschöpfen, man kann dafür sorgen, dass Wasser temporär nicht mehr verfügbar ist, man kann Wasser verschmutzen usw. – aber man kann Wasser NICHT „verbrauchen“. Und damit sind wir beim grauen und beim blauen Wasser.
Wenn die Nutzung von Wasser nicht per se problematisch sein kann, dann hängt es sichtlich vom Nutzungskontext ab. Man kann mit tausenden ‚Nutztieren‘ Gewässer verseuchen, man kann in Trockengebieten endliches Brunnenwasser für unnötige Zwecke verwenden, man kann Seen durch Wasserentnahme trockenlegen usw., aber lässt sich aus dem Aspekt Wasser ein veganes Argument basteln?
Das Argument scheitert selbstredend schon daran, dass sich weder die Jagd noch das Angeln so adressieren lassen, dass sich das Quälen von Tieren nicht über einen Verweis auf das involvierte Wasser problematisieren lässt, dass … Aber lässt sich so wenigstens die Ausbeutung von ‚Nutztieren‘ grundsätzlich problematisieren? Natürlich nicht!
Kehren wir zu unserem ‚olympischen Rind‘ zurück: Solange Veganer nicht behaupten wollen, dass Wildtiere ein Wasserproblem darstellen, solange können sie auch nicht jede Form der Tierausbeutung über das Wasserargument kritisieren. Unsere ‚Nutztiere‘ funktionieren auch in dieser Hinsicht noch immer unverändert so wie Wildtiere.
Das Wasser, das ihre Nahrung wachsen lässt, ist ein Teil des ewigen Wasserkreislaufs (Verdunstung und Regen). Das Wasser, das sie trinken und über ihre Nahrung aufnehmen, scheiden sie auch wieder aus. Urin und Kot sind nicht automatisch schlecht – es ist eine Frage der Menge. Wer seine kleine Rinderherde über Regenwasser versorgt (Sammlung über Dächer usw.), verwendet einzig und allein grünes Wasser. Es ist unmöglich, das aus diesem Blickwinkel zu problematisieren.
Und auch dort, wo Leitungswasser genutzt werden muss, ändert sich nichts Grundlegendes. Wenn wir duschen, kann dieses Wasser wieder aufbereitet und wieder trinkbar gemacht werden; wenn Tiere es wieder auspinkeln, kann es wieder aufbereitet werden. Dieser ganze Vergleich mit dem Duschen ist einfach nur Unfug – als würde auch unser Duschwasser „verbraucht“ werden, sich in Luft auflösen!
Unsere ganze Wasser-Sparerei führt sogar dazu, dass die Wasserversorger die Abwasserkanäle gezielt fluten müssen, weil von der Bevölkerung nicht genug Wasser durch die Leitungen gejagt wird! Wasserersparnis = 0.
Lange Rede kurzer Sinn: Es kommt NICHT darauf an, wie viel Wasser bei der Produktion eines Lebensmittels eine Rolle spielt! Es kommt auf den konkreten Kontext, es kommt auf die geographische Lage, es kommt auf die Wasserquelle, es kommt auf die Ersatzmöglichkeiten an! Demnach ist es möglich, dass 15000 Liter für 1kg Rindfleisch viel besser sind als 1000 Liter für Gemüse.
Wenn für den Anbau von Pflanzen in trockeneren Gebieten Grundwasservorräte herangezogen werden, dann kann das ganz schnell erheblich problematischer werden als hunderttausende Rinder in Deutschland, obwohl das virtuelle Wasser suggeriert, dass Rinder das Zehnfache „verbrauchen“. Daraus folgt: Die ganzen Schockerzahlen, die Veganer und vegane Organisationen STÄNDIG verbreiten, sind WERTLOS!
Virtuelles Wasser wird erst dann sinnvoll, wenn man KONKRETE Kontexte berücksichtigt. Die abstrakten Werte sind sonst vollkommen NUTZLOS. Und damit ihr nicht nur mir glauben müsst, kommen jetzt Äußerungen von Fachleuten. Es folgen meine Quellen.
Meine erste Quelle beschäftigt sich u.a. mit den Grenzen des virtuellen Wassers. Die Autoren geben eine wunderbare Übersichtsgrafik:
Die Autoren betonen nicht nur, dass die vorhandenen Daten mangelhaft sind, sondern sie halten auch fest, dass die Kontexte nicht ausreichend analysiert werden. Mit anderen Worten: Ohne Kontexte keine Bewertung! Die nächste Quelle hat einen besonderen Fokus auf die Probleme des Ansatzes:
Virtuelles Wasser verrät NICHTS darüber, ob die Form der Wassernutzung ein Problem ist! Wer auf der Basis dieser Daten Entscheidungen trifft, richtet möglicherweise Schäden an!
Virtuelles Wasser ist ohne Kontexte NUTZLOS!
Nochmal dasselbe: Virtuelles Wasser ist für die Praxis nutzlos, wenn Kontexte fehlen.
Die ganze Beschäftigung mit virtuellem Wasser ist bedenklich, weil sie von den echten Problemen und ihren Lösungen ablenkt!
Es hat keinen Zweck, die Datenlage zum virtuellen Wasser zu verbessern, da dem Konzept die konkreten Kontexte fehlen!
Die nächste Quelle:
„… the NWC considers that the measurement of virtual water has little practical value in decision making regarding the best allocation of Australia’s scarce water resources.“
Virtuelles Wasser hat kaum einen Wert für die Praxis!
Virtuelles Wasser hat einen begrenzten Wert für die Praxis!
Die nächste Quelle:
„… the water footprint indicator is unsuitable to be used for goal-setting, policy-making, monitoring and evaluation, in relation to sustainability.“
Virtuelles Wasser taugt nichts für die Praxis und verrät nichts über die Nachhaltigkeit der Wassernutzung. Das heißt: Es fehlt der Kontext!
Die letzte Quelle:
But one of the problems with using virtual water as a sustainability indicator or for policy-making, Witmer says, is that purely volumetric measures lack vital context. […] „You have to know: Where does the product come from? Is there water scarcity there? […] Is there pollution there during the growing of the crops?” Witmer says. Only if you know all that, she says, can you judge whether a water footprint is good or bad.
Virtuelles Wasser ist ohne Kontext NUTZLOS!
Und damit sind wir am Ende unserer Betrachtung. Ich möchte nur noch eine Sache klarstellen: ‚Die‘ Wissenschaft sagt: Virtuelles Wasser ist ohne Kontexte für die Praxis wertlos. Was macht die vegane Szene? Sie schmeißt mit diesen wertlosen Werten als Schockerzahlen um sich und suggeriert, dass sie für die Praxis TOTAL RELEVANT sind! Man möchte im Boden versinken!
Bitte! BITTE! Wenn ihr solchen Unfug seht: Widersprecht! Klärt auf! Verlinkt notfalls meine Story [diesen Beitrag]. Dieser Mist muss aus der veganen Szene verschwinden. So schnell wie möglich. Auch das ist ein Thema, für das Veganer seit Jahren ausgelacht werden. Und der sinnlose Beitrag von „mehrvegan“ hat nach 5 Stunden 5600 Likes …